Deutschlands großer Baum-Check: So können wir unsere kranken Wälder retten
Einleitung
Beschreibung des aktuellen Zustands der deutschen Wälder
Deutschlands Wälder befinden sich in einer alarmierenden Gesundheitskrise. Laut einer aktuellen Erhebung des Bundesagrarministeriums sind vier von fünf Bäumen der häufigsten Arten Fichte, Kiefer, Buche und Eiche krank. Quelle: Tagesschau Die Schäden haben ein erschreckendes Ausmaß erreicht, und es besteht dringender Handlungsbedarf, um unsere Wälder zu retten.
Bedeutung der Wälder für Klimaschutz und Biodiversität
Wälder spielen eine entscheidende Rolle im Kampf gegen den Klimawandel und für den Erhalt der Artenvielfalt. Sie fungieren als natürliche Kohlenstoffsenken, indem sie CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen und im Holz speichern. Darüber hinaus bieten sie Lebensraum für unzählige Tier- und Pflanzenarten und tragen so maßgeblich zur Biodiversität bei. Gesunde Wälder sind auch wichtige Erholungsgebiete für uns Menschen und liefern den nachwachsenden Rohstoff Holz. Quelle: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
Arten von Bäumen in Deutschland
Fichte
Die Fichte ist mit einem Anteil von 25% die häufigste Baumart in Deutschland. Quelle: Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Sie ist besonders anfällig für Borkenkäferbefall und Trockenstress. In den letzten Jahren haben die Fichtenbestände stark unter den Folgen des Klimawandels gelitten, was sich in großflächigen Kahlschlägen und absterbenden Bäumen zeigt.
Kiefer
Kiefern machen etwa 22% der deutschen Waldfläche aus. Quelle: Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Sie gelten als relativ widerstandsfähig gegen Trockenheit, sind aber ebenfalls von Schädlingen wie dem Kiefernspinner betroffen. Laut der aktuellen Erhebung zeigen Kiefern als einzige Baumart leichte Verbesserungen im Gesundheitszustand.
Buche
Mit einem Flächenanteil von 15% ist die Buche die dritthäufigste Baumart hierzulande. Quelle: Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Sie reagiert empfindlich auf Wassermangel und Hitzestress, was zu vorzeitigem Laubabwurf und Absterben von Ästen führen kann. Der Anteil der Buchen mit deutlichen Schäden ist im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen.
Eiche
Eichen sind mit 10% Flächenanteil ebenfalls weit verbreitet in unseren Wäldern. Quelle: Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Obwohl sie als relativ trockenheitsresistent gelten, zeigen auch Eichen vermehrt Schadsymptome wie Kronenverlichtung und Astabbrüche. Der Anteil der geschädigten Eichen ist im Vergleich zu 2022 um vier Prozentpunkte gestiegen.
Ursachen für die Gesundheitskrise der Wälder
Auswirkungen von Dürre, Hitze und Schädlingen
Die Hauptursachen für den schlechten Zustand der Wälder sind die Folgen des Klimawandels. Langanhaltende Trockenperioden und Hitzewellen schwächen die Bäume und machen sie anfälliger für Schädlinge wie Borkenkäfer. Diese können sich in den geschwächten Beständen rasant ausbreiten und ganze Waldgebiete zum Absterben bringen. Förster berichten von dramatischen Szenen in den heimischen Wäldern: “Es ist erschreckend, wie schnell sich der Borkenkäfer durch die trockenen Fichtenwälder frisst. Ganze Hänge färben sich braun und sterben ab”, schildert ein Förster aus dem Harz seine Beobachtungen. Quelle: NDR
Ergebnisse der jährlichen Erhebung der Bundesregierung
Die Ergebnisse der jüngsten Waldzustandserhebung zeichnen ein alarmierendes Bild. Insgesamt weisen 36% der Bäume deutliche Schäden auf, was einer Steigerung von einem Prozentpunkt gegenüber dem Vorjahr entspricht. Nur noch 20% der Bäume haben voll belaubte Kronen. Bei Fichten stieg der Anteil der deutlich geschädigten Bäume um drei Prozentpunkte auf 43%, bei Buchen um einen Punkt auf 46% und bei Eichen sogar um vier Punkte auf 44%. Lediglich bei Kiefern gab es eine leichte Verbesserung, hier sank der Anteil von 28% auf 24%. Quelle: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
Rolle der Forstwirtschaft bei der Waldgesundheit
Neben dem Klimawandel trägt auch die Art der Waldbewirtschaftung zum Zustand der Wälder bei. In der Vergangenheit wurden oft Monokulturen aus schnell wachsenden Nadelbäumen wie Fichten und Kiefern angelegt, um den Holzbedarf zu decken. Diese Bestände sind jedoch besonders anfällig für Schädlinge und Witterungsextreme. Eine naturnahe Waldwirtschaft mit strukturreichen Mischwäldern kann hingegen die Widerstandsfähigkeit der Wälder stärken. “Wir müssen weg von den Nadelbaumplantagen hin zu stabilen Laubmischwäldern, die mit den Herausforderungen des Klimawandels besser zurechtkommen”, fordert ein Sprecher des NABU. Quelle: NABU
Maßnahmen zur Rettung der Wälder
Förderung von gemischten Wäldern
Ein wichtiger Schritt zur Rettung der Wälder ist die Förderung von artenreichen Mischwäldern. Durch die Mischung verschiedener Baumarten mit unterschiedlichen Eigenschaften und Ansprüchen können die Bestände besser mit Trockenheit, Sturm und Schädlingen umgehen. Die tiefreichenden Wurzeln von Laubbäumen erschließen Wasserspeicher in größeren Bodentiefen, während die Nadeln der Koniferen Tau und Nebel auskämmen und so zusätzlich Wasser eintragen. Zudem erschwert die Strukturvielfalt die Ausbreitung von Schadinsekten. Studien belegen, dass Mischwälder im Schnitt 20-30% stabiler sind als Monokulturen. Quelle: waldwissen.net
Finanzielle Unterstützung für Waldbesitzer
Der Waldumbau hin zu klimastabilen Mischwäldern erfordert hohe Investitionen und stellt viele Waldbesitzer vor große Herausforderungen. Um die nötigen Maßnahmen wie Pflanzungen, Zäunungen und Bodenverbesserungen stemmen zu können, hat Landwirtschaftsminister Cem Özdemir ein Hilfspaket von 250 Millionen Euro auf den Weg gebracht. “Unsere Wälder sind massiv von der Klimakrise getroffen. Die Waldbesitzer dürfen wir mit dieser Mammutaufgabe nicht alleine lassen”, betont Özdemir. Quelle: Die Zeit Doch Experten halten noch deutlich höhere Fördersummen für nötig, um den Waldumbau in der Fläche voranzubringen.
Aktualisierung des Bundeswaldgesetzes
Um den rechtlichen Rahmen für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung zu schaffen, plant Minister Özdemir eine grundlegende Novellierung des Bundeswaldgesetzes. Das fast 50 Jahre alte Gesetz soll an die Herausforderungen des Klimawandels angepasst werden und ökologische Mindeststandards für die Forstwirtschaft festschreiben. Dazu gehören ein Kahlschlagverbot, der Schutz von Altholzinseln und die Förderung von Naturverjüngung. Gleichzeitig sollen aber auch die wirtschaftlichen Interessen der Waldbesitzer gewahrt bleiben. Die Gesetzesreform ist für 2024 geplant. Quelle: Greenpeace Tatsächlich wurden in der Vergangenheit oft naturnahe Laubwälder durch schnell wachsende Nadelholzplantagen ersetzt, um den steigenden Holzbedarf der Industrie zu decken. Doch diese Monokulturen sind ökologisch deutlich ärmer und anfälliger für Schäden als natürliche Mischwälder.
Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes für nachhaltige Waldbewirtschaftung
Angesichts der akuten Waldkrise fordern Wissenschaftler und Naturschützer einen grundlegenden Paradigmenwechsel in der Forstwirtschaft. “Wir brauchen einen ganzheitlichen Ansatz, der die vielfältigen Ökosystemleistungen des Waldes in den Mittelpunkt stellt”, betont Prof. Dr. Pierre Ibisch von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde. Quelle: HNEE Dazu gehört neben der Holznutzung auch die Förderung der Biodiversität, des Klimaschutzes, des Bodenschutzes und der Erholungsfunktion. Nur wenn all diese Aspekte gleichberechtigt berücksichtigt werden, kann eine wirklich nachhaltige Waldbewirtschaftung gelingen, die den Wald als Ökosystem erhält und nicht nur als Ressource ausbeutet.
Fazit
Die deutschen Wälder stehen vor einer existenziellen Bedrohung. Dürre, Hitze und Schädlinge haben in den letzten Jahren verheerende Schäden angerichtet, wie die aktuellen Zahlen der Waldzustandserhebung eindrücklich belegen. Es ist höchste Zeit zu handeln, wenn wir unsere Wälder als grüne Lunge, Wasserspeicher, Lebensraum und Klimaschützer erhalten wollen. Der Umbau hin zu widerstandsfähigen Mischwäldern, eine ökologischere Waldbewirtschaftung und eine breite gesellschaftliche Unterstützung für die Waldbesitzer sind der Schlüssel, um das Waldsterben zu stoppen. Jeder Einzelne kann dazu beitragen, sei es durch klimabewusstes Verhalten, die Wahl von FSC-zertifizierten Holzprodukten oder die Beteiligung an Baumpflanzaktionen. Nur gemeinsam können wir es schaffen, das Waldsterben aufzuhalten und unsere Wälder für kommende Generationen zu bewahren. Es ist eine Mammutaufgabe, aber es ist unsere Verantwortung, jetzt zu handeln – für die Zukunft unserer Wälder und unseres Planeten.